Die Rückkehr Noomis nach Betlehem findet in der Geburt des Sohnes Ruts und Boas ein Happyend. Die Solidarität Ruts lässt nicht nur Noomi wiederaufleben, sondern wird zum Vorbild für Israel und dessen Hoffnung auf einen neuen König David.
1. Verortung im Buch
Rut kam als Moabiterin nach Betlehem, die als Ausländerin (Rut 2,10) Noomi versorgte. Sie bezeichnete sich selbst zuerst als Arbeitssklavin (Rut 2,13) und dann als Hausmagd Boas‘ (Rut 3,9), der sie nun heiratet, wodurch sie in das Volk Israel aufgenommen wird. Während auf diesem Weg die Segenssprüche jeweils von einem Menschen zum anderen gesprochen wurden – Noomi bittet Gott um seinen Segen für ihre Schwiegertöchter (Rut 1,9) und für Boas (Rut 2,20) und Boas bitte Gott um seinen Segen für Rut (Rut 3,10) – wird Gott am Ende selbst für sein Handeln Segen gewünscht. Er, der abgesehen vom Beenden der Hungersnot (Rut 1,6) keine Rolle in der Erzählung gespielt hat, wird für das gute Ende gepriesen. Diejenigen, die Rut darum gebeten hatte, fortan von ihnen nur noch „die Bittere“ genannt zu werden, wird nun wieder als Noomi, „die Wonne“ angesprochen. Ihr Schicksal hat sich gewendet und aus der kinderlosen, alten Witwe ist die Urgroßmutter König Davids geworden.
2. Aufbau von Rut 4,13-17
Das Buch endet mit einem kurzen und einem langen Stammbaum Davids, in den der Sohn Ruts und Boas‘ eingeordnet wird und somit schon die Perspektive in die Königszeit gelenkt wird. Die Bedeutung der erzählten Geburt (Verse 13.16) wird durch die Frauen Betlehems gedeutet (Verse 14-15.17).
3. Erklärung einzelner Verse
Vers 13: Kaum ist der Segenswunsch verklungen, so erfüllt er sich. Boas und Rut heiraten und ihnen wird ein Sohn geboren. In Rut 1,6 hatte Gott das Land wieder fruchtbar werden lassen, nun ermöglicht er der bislang kinderlosen Frau Fruchtbarkeit.
Vers 14-15: Gott wird nicht gepriesen, weil er Elimelech und Machlon einen Nachfahren durch Rut geschenkt hat, sondern weil er Noomi durch die Geburt des Sohnes einen Löser erschaffen hat. Der Begriff „Löser“ ist hier nun deutlich getrennt von dem Rechtsinstitut der Lösung (Levitikus 25,25). Der Sohn ist Noomis Erlöser: Noomi war lebensmüde und mit leeren Händen aus Moab „zurückgekehrt“, nun kehrt durch ihn ihre Lebenskraft zurück und ihre Altersversorgung ist gesichert. Er ist die verkörperte Liebe Ruts zu Noomi.
Vers 16-17: Das im hebräischen Text für „das Kind“ stehende Wort ist ילד, das man auch mit „der Geborene” übersetzen kann. Mit diesem Begriff wurden in Rut 1,5 auch Noomis beiden Söhne Machlon und Kiljon bezeichnet, an deren Stelle das Kind nun tritt. Rut setzt das Kind auf den Schoß Noomis und überträgt ihr damit nicht nur Erziehungs- und Pflegeaufgaben, sondern macht sie zu dessen Zweitmutter, wie der Ausruf der Frauen verdeutlicht: „Der Noomi ist ein Sohn geboren.“ Und sein Name verdeutlicht seine Funktion für sie: „Diener“; er wird Noomi versorgen. Zugleich verweist der Name aber auch auf seinen berühmten Nachfahren, David, der als Diener/Knecht Gottes bezeichnet wird (2 Sam 3,18).
Verse 18-22: Nachdem die Stammbaumlinie von Obed bis zu David gezogen wurde, wird sie am Ende des Buches zurück bis zu den Erzeltern verlängert. Typisch für altorientalische Königsgenealogien werden zehn Glieder aufgeführt – die Zahl steht für Vollständigkeit und will keine geschichtliche Wahrheit anzeigen: Fünf Generationen von Perez bis zum Auszug aus Ägypten und fünf Generationen vom Exodus bis zu David. Nachschon gehörte zu der Generation, die mit Mose die Sklaverei in Ägypten verließen (Numeri 1,7). Zwar wird in dem Stammbaum Rut nicht erwähnt, aber durch ihn wird die sie in die Heilsgeschichte Israels eingeordnet.