Freudig weitererzählen oder sich bewusst erinnern? Die Begegnung mit Gott im neugeborenen Kind in Bethlehem und die Botschaft der Engel über die Bedeutung dieses Kindes fragen jeden nach seiner Weise, mit dem Erlebten umzugehen.
1. Verortung im Evangelium
Zwischen der Botschaft der Engel an die Hirten (Lukasevangelium (Lk) 2,7-15) und der prophetischen Begegnung der Eltern Jesu mit Hanna und Simeon im Tempel von Jerusalem (Lk 2,22-40) schildert der Evangelist Lukas den Besuch und die Reaktion der Hirten an der Krippe.
2. Aufbau
Vers 16 stellt die Verbindung zur Verkündigung der Engel an die Hirten und deren Besuch beim Neugeborenen her. Die Verse 17-20 widmen sich den unterschiedlichen Reaktionen auf das Geschehen an der Krippe, wobei Vers 20 zugleich die Episode mit den Hirten abrundet. Vers 21 fasst als abschließende Notiz den kurzen Zeitraum der ersten Woche im Leben Jesu zusammen und leitet über zur Darstellung im Tempel (Lk 2,22-40).
3. Erklärung einzelner Verse
Vers 16: Bisher wissen explizit nur Maria und die Hirten, was es mit der Geburt des Kindes auf sich hat. Beiden hat der Engel verkündet, welche Bedeutung das Kind in der Krippe hat: Sohn des Höchsten (Lk 1,32), Sohn Gottes (Lk 1,35), der Retter, Christus der Herr (Lk 2,11). Beiden war mit der Verkündigung der Geburt ein Zeichen anvertraut worden: Maria bekam die späte Schwangerschaft Elisabeths als Zeichen dafür, dass bei Gott nichts unmöglich ist (Lk 1,36). Die Hirten sollten das Kind an einem außergewöhnlichen Ort finden, um sicher zu sein, dass die Botschaft der Engel wahr ist (Lk 2,12).
Geschickt führt Lukas nun diese beiden Episoden und Wissenden zusammen. So wie Maria eilends aufgebrochen ist, um zu ihrer Verwandten Elisabeth zu kommen, so brechen auch die Hirten eilends auf, um nach Bethlehem zu gelangen. Die Neugier, das angekündigte Zeichen bestätigt zu finden, lässt sie eilen und macht einen Aufschub unmöglich. Der Evangelist Lukas nutzt das Wort „eilen“ häufiger, so auch in Lk 19,5 und 6, wenn es um Zachäus geht, der eilends vom Baum herabsteigen soll und es auch tut. Oder zur Charakterisierung des Auftrags des Apostels Paulus in Apostelgeschichte 20,16 und 22,18. Die Begegnung mit Gott, seinem Boten oder Jesus Christus und die Erfüllung eines göttlichen Auftrags dulden laut Lukas keinen Aufschub, man reagiert eilends auf sie.
Verse 17-18: Die Hirten sind im Lukasevangelium die ersten, die etwas von der Geburt Jesu und deren Bedeutung erzählen und überhaupt über ihre himmlischen Begegnungen sprechen. Maria und Zacharias hatten bei den Ankündigungen der Geburt Jesu und Johannes‘ des Täufers anschließend niemandem von der expliziten Botschaft des Engels weitererzählt. Die Hirten handeln anders, sie erzählen von dem, was über das Neugeborene gesagt worden ist. Durch die Formulierung „alle, die es hörten“ macht Lukas deutlich, dass viele Menschen, durch die Kunde der Hirten von der Geburt des Christus, des Retters in Bethlehem gehört haben müssen.
Vers 19: Offenbar ist es Lukas wichtig zu zeigen, dass Maria anders reagiert als vielleicht zu erwarten ist. Nachdem die Hirten über die Mitteilung des Engels an sie gesprochen haben, könnte auch Maria von den Worten Gabriels berichten. Sie handelt aber nicht so, sondern bewahrt vielmehr „alle diese Worte“ in ihrem Herzen. Damit ist die Botschaft der Engel an die Hirten genauso gemeint, wie die Botschaft des Engels Gabriel an sie.
Vers 20: Die Rückkehr der Hirten zu ihren Feldern rundet die Episode mit den Hirten ab. Der Lobpreis Gottes angesichts wundervoller Taten ist im Lukasevangelium eine typische Notiz am Ende von Heilungsgeschichten. So heißt es am Ende der Heilung des Gelähmten in Lk 5,25-26: „Und sogleich stand der Gelähmte vor ihren Augen auf, nahm das Bett, auf dem er gelegen hatte, und ging Gott preisend in sein Haus. Da gerieten alle außer sich; sie priesen Gott und sagten voller Furcht: Heute haben wir Unglaubliches gesehen.“
Der Evangelist Lukas ergänzt den Lobpreis um einen wichtigen Verweis: die Hirten berichten über das, was sie gehört und gesehen haben. Damit führt Lukas die beiden Teile der Hirtengeschichte zusammen: Erscheinung und Verkündigung durch die Engel und Auffinden des Kindes in der Krippe.
Vers 21: Mit diesem Vers endet die Zeit in Bethlehem, er schließt an Vers 7 an und macht deutlich, dass alles was dazwischen geschah, sich innerhalb weniger Stunden oder eines Tages abspielte. Die folgenden Tage bis zum achten Tag nach der Geburt fasst Lukas zusammen. Wichtig ist nun noch einmal, dass entsprechend der Weisung des Engels in Lk 1,31 gehandelt wird. Am Tag der Beschneidung wird der Name des Kindes kundgetan, so wird es auch bei Johannes dem Täufer berichtet (vgl. Lk 1,59).