Lesejahr C: 2024/2025

Evangelium (Joh 2,1-11)

21Am dritten Tag fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei.

2Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen.

3Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr.

4Jesus erwiderte ihr: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.

5Seine Mutter sagte zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut!

6Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge, wie es der Reinigungsvorschrift der Juden entsprach; jeder fasste ungefähr hundert Liter.

7Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand.

8Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist. Sie brachten es ihm.

9Er kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher der Wein kam; die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Da ließ er den Bräutigam rufen

10und sagte zu ihm: Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten.

11So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn.

Überblick

Wo Gott wirkt, geschieht Wandlung.

1. Verortung im Evangelium
Im Johannesevangelium werden Wundergeschichten als Zeichenhandlungen bezeichnet. Die Hochzeit zu Kana ist die erste von sieben solchen Zeichenhandlungen Jesu im Johannesevangelium. Sie schließt sich an die Erzählung von der Berufung der ersten Jünger an. Im Nachgang der Episode in Kana verlagert sich das Geschehen im Johannesevangelium nach Jerusalem. Dort schließen sich die Erzählung von der Tempelreinigung und das Gespräch mit Nikodemus an.

 

2. Aufbau
Zunächst wird das Wunder in den Versen 1-5 vorbereitet, die Szene und die wichtigsten Handlungsträger werden eingeführt. In den Versen 6-10 wird das eigentliche Wunder erzählt, bevor Vers 11 in Form eines Kommentars des Evangelisten die Geschichte abschließt.

 

3. Erklärung einzelner Verse
Verse 1-5: Der Ort der Zeichenhandlung, Kana, befindet sich ca. 13 km nördlich von Nazareth. Der dritte Tag wird explizit erwähnt, weil er als der Tag der göttlichen Hilfe gilt (vgl. Hosea 6,2). Die Erwähnung der Jünger legt nahe, dass die Konstituierung des Jüngerkreises abgeschlossen ist, obwohl wir in der Erzählung des Johannesevangelium (Joh) 1,35-52 nur Andreas, Simon Petrus, Natanael und Philippus namentlich kennenlernen.

Versen 6-10: Entsprechend den jüdischen Reinheitsvorschriften braucht es Steinkrüge mit Wasser, um z.B. vor und nach den Mahlzeiten die Hände zu waschen. Sie stehen in die Erde eingelassen den Gästen des Hauses bereit.
Derjenige, der für das Mahl verantwortlich ist, ist der „Tafelmeister“. Seine Nennung verweist auf das hellenistisch-griechische Milieu, in dem die Erzählung vom ersten Wunder Jesu überliefert wurde. Denn in der jüdischen Literatur ist er unbekannt.

Vers 11: Der Abschluss der Erzählung erfolgt auf einer anderen Ebene als die Erzählung selbst. Der Evangelist selbst „kommentiert“ das Geschehen. Nur er weiß von den Gedanken der Jünger, die durch dieses Wunder offenbar die Vollmacht Jesu erkennen.

Auslegung

Die Geschichte von der Hochzeit schließt übergangslos an die Begegnung der ersten Jünger mit Jesus an. Spielte die vorangehende Geschichte noch in Betanien, ist Jesus nun in Kana. Wie alle anderen Wundererzählungen ist auch das Geschenkwunder in Kana mit einer Ortsangabe verbunden. So finden die Zeichenhandlungen Jesu nicht im luftleeren Raum, sondern immer verbunden mit konkreten Orten und damit vorstellbaren Begebenheiten statt. In Kana eröffnet Jesus sein öffentliches Wirken.
Eine jüdische Hochzeit wird normalerweise über mehrere Tage hinweg gefeiert, wann genau der Wein ausgeht, spielt für den Evangelisten keine Rolle. Der Hinweis der Mutter Jesu ist eine indirekte Aufforderung, der Sohn möge sich der Situation annehmen. Mit seiner Antwort distanziert sich Jesus zunächst vom Ansinnen der Mutter. Der Hinweis Jesu auf die noch nicht gekommene Stunde bedeutet, dass er einer anderen Gesetzmäßigkeit untersteht als einfach der einer existierenden Notlage. Wann „die Stunde kommt“ sich zu offenbaren, bestimmt der Vater, nicht der Sohn oder andere. Am Kreuz gipfelt die Offenbarung des Sohnes und darin das Sichtbarwerden der Herrlichkeit Gottes. Deshalb spricht der sterbende Jesus dort direkt davon, dass „die Stunde da sei“ (Joh 17,1).
Trotz des Einwandes eröffnet das Geschenk des Weines bei der Hochzeitsfeier zu Kana die Offenbarung Jesu als des von Gott gesandten Sohnes. Das Geschenk ist Anzeichen der Fülle, die Gott dem Leben der Menschen schenken will – Jesus Christus weist in seinem Wirken und seiner Verkündigung immer wieder auf dieses Geschenk hin (vgl. Joh 10,10).

Anders als der Tafelmeister, dem Verantwortlichen für Essen und Trinken während der Feier, wissen die Diener, die auf Jesu Anweisung das gewandelte Wasser geschöpft haben, von der Herkunft des Weines. Die Diener haben Jesus als den Handelnden erlebt oder vermuten ihn zumindest hinter dem Geschehen. Das eigentliche Woher der Gabe bleibt aber auch für sie verborgen und unerklärlich. Sie bleiben etwas ratlos, ähnlich wie die Samariterin am Jakobsbrunnen etwas später (Joh 4,11).
Die eigentliche Wunderhandlung bleibt unerzählt. Wie groß das Geschenk, der Wandlung des Wassers in Wein ist, wird nur ersichtlich aus der Reaktion des Tafelmeisters. Seine Anmerkung über den guten Wein, der „bis jetzt“ aufbewahrt wurde, macht auf das eigentliche Geschehen aufmerksam.
Mit seinem Handeln wandelt Jesus nicht nur Wasser in Wein. Er verändert die Situation der drohenden Verlegenheit der wahrscheinlich nicht sehr wohlhabenden Gastgeber. Er verändert die Einschätzung des Tafelmeisters gegenüber seinem Auftraggeber, dem Bräutigam. Und er verändert das Fest: Es ist nicht nur so, dass nun mehr Wein da ist. Der neue Wein ist auch besser als der vorherige. Er zeugt von Gastfreundlichkeit, von verschwenderischer Fülle, von Lebensfreude. Das erste Zeichen Jesu sorgt nicht nur dafür, dass das Fest ungetrübt weitergehen kann. Das Fest geht in einer Weise weiter, die für die aufmerksamen Gäste Hinweis sein kann auf etwas, was nur Gott schenken kann: Lebensfülle. Jesu Handeln bewirkt Wandlung in der Materie (Wasser zu Wein), in der Festfreude der Anwesenden und in ihrem Denken und Wahrnehmen. Ihnen wird etwas geschenkt, mit dem sie nicht gerechnet haben (vgl. Anmerkung des Tafelmeisters). Das Geschenk, mit dem nicht zu rechnen ist, das ist das Geschenk, das nur durch Gottes heilvolles Handeln im Leben der Menschen sichtbar wird. Es ereignet sich dort, wo Gott das Unvollkommene, das Geringe, das Unzulängliche unseres Handelns und Denkens durch seine Gegenwart verwandelt. Ähnlich wie in der Erzählung von der wundersamen Brotvermehrung (Joh 6,1-13) geschieht die Wandlung, das Wunder jedoch nicht über die Menschen hinweg. So wie bei der Brotvermehrung der kleine Junge fünf Brote und zwei Fische die Grundlage sind, sind auch hier das Wasser und die Bereitschaft der Diener Grundlage für das, was geschieht: Gott wandelt, was da ist. Er schenkt aus dem Wenigen die Fülle des Lebens.

Kunst etc.

Gerard David, Hochzeit zu Kana (um 1500), Öl auf Holz, [Public domain], The Yorck Project (2002) 10.000 Meisterwerke der Malerei (DVD-ROM), distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH.
Gerard David, Hochzeit zu Kana (um 1500), Öl auf Holz, [Public domain], The Yorck Project (2002) 10.000 Meisterwerke der Malerei (DVD-ROM), distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH.