Die Taufe verbindet nahch Paulus den Menschen gleichermaßen mit dem Sterben und der Auferweckung Jesu Christi aus dem Tode als sie ihn auch einem neuen Lebensprinzip unterstellt: Nicht das, was nur einem selbst nutzt und dem Anderen schadet, (das meint "Sünde") ist bestimmend, sondern die Liebe, die Jesus vorgelebt und sogar in den Tod hat gehen lassen. Damit übernimmt in der Taufe fortan Christus selbst das Sagen.
Einordnung der Lesug in den Zusammenhang
Im Römerbrief, in dem Paulus sich der christlichen Gemeinde von Rom vorstellt, die er nicht gegründet hat, demnächst aber besuchen will, widmet er sich in den ersten Kapiteln unter verschiedenen Blickwinkeln dem Phänomen der Sünde. Das klingt wenig einladend und ansprechend, hat aber seinen tiefen Grund. Sünde ist für Paulus ein Menschheitsphänomen. Da gibt es keinen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden. Diese werden biblisch immer "Heiden" genannt, was aber keine sehr glückliche Bezeichnung ist. Paulus geht es einfach um die Gegenüberstellung der jüdischen Glaubensgemeinschaft, aus der er selbst stammt, die sich auf die Offenbarung der Weisungen Gottes am Berg Sinai stützt (das sog. Gesetz, oder hebräisch: Torah), und alle anderen Menschen dieser Welt, die die dieses göttliche Gesetz nicht haben bzw. nicht kennen. Die Juden sind Sünder, weil kein Mensch das göttliche Gesetz aufgrund seiner menschlichen Schwachheit vollkommen einhalten kann. Die "Heiden" haben zumindest aus ihrem Gewissen heraus ein Gespür für gut und böse, sind aber genau so zu schwach, immer nur das Gute zu tun.
Dieser - je nach Sichtweise - realistischen oder pessimistischen Sicht vom Menschen stellt Paulus eine These entgegen: Auch wenn gilt: "Es gibt keinen, der gerecht ist, auch nicht einen" (Röm 3,10) - d. h.: es gibt faktisch keinen, der nicht sündigt -, gilt auch: "Umsonst werden sie [das sind: alle, die glauben] gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus" (Röm 3,24) - also: Vor Gott besteht jeder trotz seiner Sünde, wenn er glaubt. Ohne die dahinter stehenden Gedanken hier darzulegen zu können, könnte aus dieser Wendung ins Positive ein Missverständnis entstehen, das in der Gemeinde von Rom entweder tatsächlich vorkam oder von Paulus nur vermutet wird. Paulus kleidet es in eine Frage: "Sollen wir an der Sünde festhalten, damit die Gnade umso mächtiger werde?" (Röm 6,1). Genau auf diese Frage und die damit angefragte Position: "Wenn Gott uns in Jesu Tod und Auferweckung eh vergeben hat, können wir auch fleißig weiter sündigen." antwortet Paulus mit dem Abschnitt der Lesung.
Röm 3,3-5: Mitsterben und Mitleben
Sein Argument ist dabei die Taufe. Sehr überraschend deutet Paulus sie nicht einfach als Aufnahme in die Gemeinschaft der Christen, auch nicht als Reinigung (z. B. von Sünden) - was der Gebrauch des Wassers nahelegen könnte. Vielmehr ist sie ein Hineinnehmen (nicht Nachspielen) des Täuflings in das Heilsgeschehen von Tod und Auferweckung Jesu. Das Eintauchen in das Wasser - im Ursprung ein wirkliches vollständiges Tauchbad in einem Bodenbecken (s. Kunst etc.) - symbolisiert Tod und Begräbnis. Das Wiederauftauchen symbolisiert die Neugeburt des "Toten", seine Auferweckung als neuer Mensch.
Scheinbar hat diese tiefe Deutung der Taufe noch nichts mit der Ausgangsfrage nach dem "Weitersündigen" zu tun. Es geht erst einmal um die Bedeutung der Auferweckung Jesu für eine/n jede/n Glaubende/n. Die Rettung Jesu aus dem Tode ist nicht etwas, was nur ihm galt, sondern in Jesus sagt Gott die Auferweckung zum ewigen Leben einem jeden zu, der an ihn und Jesus Christus glaubt. Der Mensch darf also in der Hoffnung auf sowie in der Vorfreude über seine unendliche Zukunft bei Gott leben - schon jetzt. Das sagt die Taufe ihm zu. Insofern erklärt sich von diesen Versen her, warum die Osternacht der bevorzugte Tauftermin der Kirche ist.
Röm 6,6-11: Den falschen Wegen "absterben"
Eher überraschend blendet Paulus besonders in den Versen 6-7 und 10-11 nun doch noch das scheinbar vergessene Thema Sünde wieder ein. Der Taufritus wird nicht nur als Symbolik für Tod bzw. Begräbnis und Leben bzw. Auferwckung verstanden. Sondern nun nimmt Paulus ernst, dass der Taufritus auch im wörtlichen Sinn den Leib betrifft als das Handlungsorgan des Menschen. Das Begräbnis - bzw. jetzt spricht Paulus noch drastischer von der Kreuzigung - gilt auch diesem irdischen Leib des Täuflings, der von Schwäche und d. h. vom Hang zur Sünde, vom Hang zu falschen Wegen geprägt ist. Ihn legt der Täufling in der Taufe sozusagen ab, "begräbt" oder "kreuzigt" ihn im Taufwasser, um mit einem neuen, nämilich vom auferstandenen Christus geprägten und bestimmten Leib aus dem Wasser herauszukommen. Die Taufe bewirkt und symbolisiert also nicht nur einen Wechsel von der Endlichkeit ("Mit dem Tod ist alles au.s") zur Ewigkeit ("Der Tod ist die Pforte zum ewigen Leben."), sondern auch einen Herrschaftswechsel: Nicht Willensschwäche und Sünde beherrschen den Menschen, sondern Christus und die Entschlossenheit, ihm im Handeln zu folgen.,
Diesr zweite Wandlung des Menschen in der Taufe - der Herrschaftswechsel - schließt aber die Idee des "fröhlichen Weitersündigens" aus. Sie würde geradezu widerlegen, dass man zu Christus gehören will. Anders gesagt: Wer sündigt, kann sich nicht rechtfertigend auf das Ostergeheimnis berufen, aber wegen dieses Ostergeheimnisses von Tod und Auferweckung Jesu dürfen sie und er hoffen, dennoch am Ende nicht von Gott verworfen zu werden.