Kommt nicht zum Stillstand! Das ist die Mahnung, die Paulus heute allen Christen mit auf den Weg gibt.
1. Verortung im Brief
Der Apostel Paulus schreibt der Gemeinde von Philippi, der ersten Gemeinde in Europa, während er in Ephesus im Gefängnis sitzt. Paulus hat zu der Gemeinde eine besonders intensive Beziehung, nur von ihr lässt er sich auch finanziell unterstützen. In der Korrespondenz zwischen Gemeinde und Apostel geht es sowohl um persönliche Anliegen und Vorhaben des Apostels als auch um die konkrete Situation der Gemeinde.
Im aktuellen Abschnitt setzt sich Paulus mit seiner eigenen Bekehrung vom Juden zum Christen auseinander. Daher spricht Paulus vom „früher“ seines jüdischen Lebens und dem „heute“ des Lebens in Christus.
2. Aufbau
Die Lesung lässt sich in zwei Sinnabschnitte unterteilen: In den Versen 8-11 steht das Vergangene im Mittelpunkt, in den Versen 12-14 das Zukünftige. Verbunden sind beide Teile durch das Motiv der Christuserkenntnis.
3. Erklärung einzelner Verse
Vers 8: Paulus spricht hier sehr deutlich von seiner Zeit bevor er Christus in der Vision vor Damaskus begegnete. Dort ereignet sich für ihn die „Erkenntnis Christi“. Diese „Erkenntnis Christi“, die sowohl Hören als auch Sehen als auch ein inneres Verstehen umfasst, ist jedoch kein abgeschlossener Weg, sondern ein Prozess der Lebensverwandlung. Dazu gehört das Anerkennen Jesu Christi und eine Veränderung des Lebens durch den Glauben an Jesus als den Sohn Gottes.
Alles was Paulus vor dem Damaskuserlebnis und seiner Lebenswende erlebt hat, ist für ihn nun wertlos, wie er in einem „Slogan“ formuliert: „ich halte es für Unrat“. Auf diese Weise betont er den Unterschied zwischen „früher“ und „heute“, zwischen altem und neuem, christlichen Leben.
Vers 9: Den Unterschied macht Paulus auch noch einmal in einem anderen Bild deutlich: Paulus sagt sich von der „alten“ Gerechtigkeit los, die mit der Erfüllung des Gesetzes zu tun hatte. Vielmehr wendet er sich der „neuen“ Gerechtigkeit zu, die allein aus dem Glauben an Jesus Christus erwächst. Dieser Glaube ist aber nicht an eine Leistung geknüpft, sondern Geschenk Gottes.
Verse 10-11: Paulus nimmt eine Konkretion der Erkenntnis Jesu vor. Jesus Christus zu erkennen, meint immer, seine Auferstehung und sein Leiden zu verstehen und sich von ihm zu einem neuen Leben einladen lassen. An dieser Stelle dreht Paulus die logische Reihenfolge (Tod – Auferstehung) bewusst um. Indem er zuerst von der Macht der Auferstehung spricht, lädt er ein, aus dem Bewusstsein der Auferstehung heraus auch das Leiden zu betrachten. Der Glaube an die Auferstehung ist Ermutigung und Bestärkung in der Situation des Leidens. Paulus formuliert dies bewusst so, weil er seine eigenen biographischen Erfahrungen als Apostel Jesu mitdenkt. Als er Christ wurde hat er selbst Bedrängnisse und Leiden, ja sogar Todesangst erlebt, weil er die Botschaft Jesu weiterverkündigt hat. Diese eigenen Erfahrungen von Not sind Erfahrungen der wirklichen Nachfolge Jesu und seines Leidens. Für Paulus wird das Ertragen des Leidens möglich und erträglich, wenn er es als Anteilhaben an der Lebens- und Leidensgeschichte Jesu sieht, die jedoch nicht ohne die Auferstehung denkbar ist. So steht die Hoffnung auf die eigene Auferstehung am Ende dieses Gedankens.
Verse 12-14: Der Apostel blickt nun nach vorne: Für ihn ist das neue Leben als Christ ein Leben im Prozess, nichts Statisches oder einmal Ergriffenes. Daher benutzt er sehr dynamische Bilder und spricht vom „Streben“ und „Nachjagen“. Das „Nachjagen“ nach dem Siegespreis nimmt das Bild eines Läufers im Stadion auf (vgl. 1. Korintherbrief 9,24). Dieser schaut immer nach vorn, das Ziel vor Augen und nicht mehr zurück auf den Startpunkt. Genauso sieht Paulus sein Streben als Gläubiger, der seiner Berufung zu einem Leben mit Gott („himmlische Berufung“) versucht zu entsprechen. Das Wortspiel „Ergriffensein“ und „Ergreifen“ verweist auf den angenommenen Glauben und dem Ziel, diesem Glauben auch im eigenen Leben ganz zu entsprechen.