Gott und Vater - Jesus Christus - Geist (Vers 3)
Eine Spezialität des Epheserbriefs ist sein durchgängiger Bezug auf den dreifaltigen Gott (vgl. z. B. Eph 4,1-6). Hier zeigt sich, dass er Paulus weiterdenkt, der meist nur von Gott und seinem Sohn spricht. Die Einheit von Vater, Sohn und Geist ist das eigentliche Fundament der Einheit der Kirche. Und um die geht es. Der Brief will das Zusammenwachsen der Kirche beflügeln, die nach der Gründungsphase des Apostels Paulus aus vielen Einzelgemeinden besteht. Aber auch die alte Rivalität zwischen Christen jüdischer und nichtjüdischer Herkunft (sog. Heiden) ist noch längst nicht überwunden.
"... erwählt vor der Erschaffung der Welt" (V 4)
Die Dreifaltigkeit ist nicht "im Laufe der Zeit" entstanden. Gott gab und gibt es nie anders. Die ewige Zugehörigkeit des Sohnes zum Vater (vom "Geist" spricht Vers 3) bedeutet laut Epheserbrief von Anfang an, dass aus Gottes eigenem Entschluss der Mensch überhaupt zu ihm gehört. Gott ist nicht anders zu denken als dass er will, dass es dem Menschen gut geht und dass er gut lebt. Dies wirkt er nicht durch ein mechanistisches Eingreifen vom Himmel her, sondern indem er in seiner eigenen Menschwerdung bzw. Jesus, dessen Wort, Handeln und Leben eine Einheit bilden, gezeigt hat, dass dies sein Wille ist, an dessen Umsetzung ein jeder Mensch zur Beteiligung eingeladen ist. Eine Weise dieser Beteiligung, nämlich diejenige Marias, stellt das heutige Fest in den Mittelpunkt.
Auch wenn natürlich kein Mensch in Gott selbst hineingucken konnte und kann - er entzieht sich der experimentellen Beobachtung -: Aus der Rückschau auf den "Vorübergegangenen" (vgl. Exodus 33,22-23: "22 Wenn meine Herrlichkeit vorüberzieht, stelle ich dich in den Felsspalt und halte meine Hand über dich, bis ich vorüber bin. 23 Dann ziehe ich meine Hand zurück und du wirst meinen Rücken sehen. Mein Angesicht kann niemand schauen."), d. h. aus der Rückschau auf die Erfahrungen mit diesem Gott wird durch alle Wirrnisse der Zeiten hindurch von den Zeugnissen der Heiligen Schrift bekannt: Gott hat einen Plan zum Heil des Menschen. Dies gilt es auch in Coronazeiten zu bedenken, wenn schon die pandemischen Züge römischer Schreckensherrschaft (der paranoide Caligula gehört ebenso in die Zeit des frühen Christentums wie der am Ende wahnsinnige Nero) diesen Glauben im letzten nicht in Frage zu stellen vermochten.
Warum "Söhne " und nicht "Töchter" (V 5)?
Diese Absicht Gottes wird in das Bild des Erbes gekleidet (V 11). Weil damals Töchter weniger erbten als Söhne, spricht der Brief nur von "Söhnen". Alle, Männer wie Frauen, erben nach Sohnesrecht, sind damit unabhängig von ihrem wirklichen Geschlecht im bevorzugten Sohnesstand. Das "Sohneserbe" ist das ewige Leben.
Und wie lebt man als Erbe?
Das Markenzeichen derer, die auf diesen dreifaltigen Gott setzen, ist das Gebet. Davon ist sowohl in Vers 6 als auch in Vers 12 die Rede. Dabei betont der Lesungsabschnitt besonders das Gotteslob ("Lob der Herrlichkeit"). Doch der Brief im Ganzen nennt ebenso den Dank (Eph 1,15-16) wie auch die Bitte (Kapitel 3) als vertrauensvolle und berechtigte Formen des Betens. Der Austausch mit dem dreifaltigen Gott kennt keine wirklichen Grenzen.