Gegen die Erschöpfung. Paulus weiß, dass seine Kraft jeden Tag erneuert wird.
1. Verortung im Brief
Der Apostel Paulus hatte die Gemeinde von Korinth selbst gegründet (50/51 n.Chr.) und steht seitdem in regem Kontakt zu ihr über Briefe und seine Mitarbeiter, die die Gemeinde im Auftrag des Paulus besuchen. Hatte er im 1. Brief an die Korinther (1 Kor) aktuelle Fragen aus der Gemeinde beantwortet und Themen angesprochen, die sich aus den Schilderungen von Gemeindemitgliedern oder seiner Mitarbeiter ergaben, so ist der 2. Brief an die Gemeinde in Korinth (2 Kor) stark geprägt durch eine Auseinandersetzung zwischen dem Apostel und der korinthischen Gemeinde, so dass der Brief an vielen Stellen sehr persönlich wird. Paulus wehrt sich im 2 Kor vor allem dagegen, dass ihm andere Verkündiger versuchen den Rang des prägenden Apostels für die Gemeinde streitig zu machen. So versucht Paulus mit verschiedenen rhetorischen Mitteln seinen Dienst für die Christen in Korinth zu umschreiben und in seiner Besonderheit darzustellen: Ein Dienst in Demut und Schwäche, stark durch Christus, der Paulus zu seinem Apostel macht.
Der Apostel Paulus folgt bei der Abfassung seiner Schreiben zumeist klar dem Aufbau antiker Briefe: Dort folgt auf das „Präskript“, mit Absender, Adressat und Gruß, das „Proömium“, das noch einmal eine Vorrede darstellt und zum Hauptteil überleitet. Der Hauptteil, „Briefkorpus“, enthält Mitteilungen und Anliegen des Schreibens. Es folgt der „Briefschluss“ mit persönlichen Grüßen und Wünschen, dabei können markante Gedanken des Schreibens durch einzelne Begriffe noch einmal aufgenommen werden.
Der Abschnitt 2 Kor 4,13-5,1 stammt aus dem Briefkorpus und nimmt eines der wesentlichen Themen des Briefes in den Blick, den Dienst des Apostels vor dem Hintergrund der Leidensgemeinschaft mit Christus.
2. Aufbau
Der kurze Abschnitt bringt mehrere Schwerpunkte mit sich. In den Versen 13-15 ist die Verknüpfung des eigenen Schicksals mit dem Christi der wesentliche Aspekt. In den Versen 16-18 und 5,1 wird der Blick vom Leben und Leiden im Hier und Jetzt geweitet auf die Verheißung der Gemeinschaft mit Gott.
3. Erklärung einzelner Verse
Verse 13-14: Das „wir“ der kommenden Verse irritiert auf den ersten Blick. Paulus spricht hier zwar von sich persönlich, weil er sich in seinem Aposteldienst aber immer als Vorbild für andere sieht, weist er mit „wir“ über sich hinaus. Angesprochen und eingeschlossen kann sich jeder fühlen, der sich auch für die Verkündigung des Evangeliums in den Dienst nehmen lassen will.
Da der gesamte Abschnitt so konzipiert ist, dass es um die Verbindung des Apostels zu Christus und dessen Schicksal geht, verweist auch „der Geist des Glaubens“ auf den Geist Jesu, der der Geist Gottes, der Heilige Geist ist. Dieser Geist Gottes wird den Glaubenden in der Taufe geschenkt und motiviert zum Zeugnis. So wie die Taufe und die äußere Bestätigung des Geistes Gottes in Jesus Christus der Auftakt seines öffentlichen Wirkens ist, so ist die Taufe und die Geistgabe dort der Beginn der Zeugenschaft.
Wovon Paulus „redet“, erläutert er in Vers 14. Es ist die Gewissheit, dass Gott, der Jesus von den Toten auferweckte, auch Paulus einmal von Toten auferwecken wird – so wie alle Glaubenden auferweckt werden und dann vor Gott stehen.
Vers 15: Hatte der Apostel in Vers 13 gesagt, dass der Geist des Glaubens ihn zum Zeugnis motiviert, so nimmt er hier einen zweiten Faktor hinzu: Den Wunsch, möglichst viele Menschen (und hier konkret den Korinthern) zum Glauben an Gott zu bringen und ihnen die Gnade zu erschließen, mit der Gott ihnen begegnet. Um der Gemeinde willen bleibt Paulus seinem Aposteldienst treu (auch im Konflikt mit den Korinthern) und hofft, dass die Gemeinde in ihrem Glauben zur Verherrlichung Gottes beiträgt („den Dank vervielfacht“), indem sie von Gottes Taten kündet und seine Macht damit preist.
Verse 16-18: Wegen der zuvor beschriebenen Motivationsfaktoren kann Paulus differenzieren zwischen der Erschöpfung des äußeren Menschen und der täglichen Erneuerung des inneren. Dabei ist „äußerer und innerer Mensch“ nicht eine Unterscheidung im Sinne von „vergänglicher Leib“ und „unvergängliche Seele“, Paulus spricht beide Male den ganzen Menschen an. Vielmehr trennt Paulus die Erfahrung von Müdigkeit, die durch Bedrängnisse und den Einsatz im Dienst der Verkündigung entstehen, von dem Erleben, für diesen Dienst doch Tag für Tag von Gott her neue Kraft geschenkt zu bekommen. Mit Blick darauf, dass nach der irdischen Wirklichkeit eine unsichtbare und ewige Wirklichkeit wartet (Vers 14), kann er die gegenwärtigen Herausforderungen als „kleine Last“ gegenüber der Sicherheit ertragen, durch seinen Glauben und seinen Dienst der Verkündigung in die Herrlichkeit Gottes aufgenommen zu werden.
Vers 5,1: Die Gewissheit einer künftigen Gemeinschaft mit Gott bringt Paulus hier auf den Punkt. Gegenüber dem „irdischen Zelt“, das jederzeit abgebrochen werden kann und durch äußere Einflüsse zerstört werden kann, ist die Wohnung bei Gott ewig und nicht von Menschenhand gemacht. Das Haus im Himmel hat Bestand über alle Bedrohungen hinweg. Es ist die Verheißung, die Paulus trägt und Kraft gibt für seine Auseinandersetzung mit den Korinthern und darüber hinaus.