Lesejahr C: 2024/2025

2. Lesung (1 Kor 15,45-49)

45So steht es auch in der Schrift: Adam, der erste Mensch, wurde ein irdisches Lebewesen. Der letzte Adam wurde lebendig machender Geist.

46Aber zuerst kommt nicht das Überirdische; zuerst kommt das Irdische, dann das Überirdische.

47Der erste Mensch stammt von der Erde und ist Erde; der zweite Mensch stammt vom Himmel.

48Wie der von der Erde irdisch war, so sind es auch seine Nachfahren. Und wie der vom Himmel himmlisch ist, so sind es auch seine Nachfahren.

49Wie wir nach dem Bild des Irdischen gestaltet wurden, so werden wir auch nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden.

Überblick

Der Mensch zwischen Himmel und Erde

1. Verortung im Brief

Im 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes (1 Kor), das sich als Ganzes um die Auferstehung dreht, nimmt dieser Abschnitt einen kleinen Teil eines Versuchs ein, die Auferstehungswirklichkeit mit Bildern und Vergleichen zu beschreiben. Im vorliegenden Teil geht es um die Neuschöpfung des Menschen nach dem Bild des himmlischen Menschen, Jesus Christus.

 

2. Aufbau

Der Abschnitt stellt ein durchkomponiertes Teilstück dar, in dem das Bild des irdischen und himmlischen Menschen der Verdeutlichung der Gesamtargumentation dient.

3. Erklärung einzelner Verse

 

Vers 45: Der Bezug auf die „Schrift“ meint hier kein wörtliches Zitat, sondern die biblische Überlieferung von der Erschaffung des Adam, der erst mit dem Einhauchen des göttlichen Geistes zu einem lebendigen Lebewesen wird (Genesis 2,7).

Mit dem „letzten Adam“ ist Jesus Christus gemeint, der Mensch wurde, durch Auferstehung und Himmelfahrt aber ganz in die himmlische Welt zurückgekehrt ist. Er trägt ganz den lebendigmachenden Geist Gottes in sich, und zwar nicht nur solange er lebte, sondern eben auch danach. So kündet er von der Wirklichkeit, die jedem (irdischen) Menschen verheißen ist, nämlich durch Gottes Geist auch für das himmlische Leben gerüstet zu sein.

 

Vers 47: Hinter der Formulierung „vom Himmel“ steckt vermutlich das Bild des erhöhten Christus, der am Ende der Zeit „vom Himmel“ wiederkommt und das Endgericht vollzieht (vgl. Matthäusevangelium 25,31-46).

 

Vers 49: Die Rede vom „Bild“ nach dem wir gestaltet werden, sowohl in der irdischen wie in der himmlischen Form, bezieht sich auf die Idee Platons von Urbild und Abbild. Urbild also ursprüngliches Bild und Abbild, d.h. danach gestaltetes Bild, haben einen gemeinsamen Wesenskern. Etwas also, was sie trotz aller Unterschiedlichkeit verbindet.

Auslegung

Ausgangspunkt für die gesamte Argumentation des Abschnitts 1 Kor 15,35-58, aus dem wir nur einen kleinen Ausschnitt vorliegen haben, ist die Frage nach der Vorstellung einer leiblichen Auferstehung. Am Anfang des 15. Kapitels hatte Paulus argumentiert, dass die Auferstehung nur leiblich zu denken ist und nicht als bloßes geistiges Geschehen. Er setzte sich dabei mit den philosophischen Vorstellungen der griechischen Tradition aus, die zwischen Leib und Seele strikt trennen. Nachdem er die Bedeutung der leiblichen Auferstehung Jesu für den Glauben an eine allgemeine Auferstehung der Toten verdeutlicht hat, muss er den Gemeindemitgliedern in Korinth nun auch helfen, eine Vorstellung von der leiblichen Auferstehung zu gewinnen. Für die, die vorher skeptisch waren, aber auch allen anderen Gemeindemitgliedern spricht er nun in Vergleichen vom Geschehen der leiblichen Auferstehung. Er macht aber auch deutlich, dass die Vorstellung von der Auferstehung zu verknüpfen ist mit der Verheißung einer neuen Schöpfung.
So wie wir alle etwas vom irdischen Adam in uns tragen, wie zum Beispiel die Vergänglichkeit, tragen wir durch die Taufe auch etwas vom himmlischen Adam, Jesus Christus in uns. Er, der durch den Tod hindurchgegangen und zu neuem Leben auferstanden ist, zeigt uns, dass der Geist Gottes in uns, nicht mit dem vergänglichen Teil unseres Daseins schwindet. Der Geist Gottes in uns, den wir mit dem Glauben an Gott und seinen Sohn Jesus Christus und im Empfang der Taufe bejahen, er macht uns zum Abbild des himmlischen Menschen.