Die Vielfalt der Gaben entspringen doch alle dem einen Geist Gottes. Er lässt jedem zuteilwerden, was für die Gemeinschaft mit anderen nützlich ist.
1. Verortung im Brief
In den Kapiteln 12-14 im 1. Korintherbrief (1 Kor) widmet sich der Apostel Paulus sehr ausführlich den Geistesgaben. Dabei geht es sowohl um deren Ursprung aus dem einen Geist (1 Kor 12,4-11), als auch um deren Zuordnung zueinander im Bild vom Leib und den Gliedern (1 Kor 12,12-31). Über allen Geistesgaben und deren „Nutzung“ steht jedoch der Weg der Liebe (1 Kor 13,1-13). Danach widmet sich Paulus im Kapitel 14 einigen Gaben ausführlich (1 Kor 14,1-25) und beschreibt, wie diese im Gemeindegottesdienst zum Einsatz kommen (1 Kor 12,26-40). Insgesamt ist das Miteinander in der Gemeinde eines der zentralen Themen des Briefes. Ein weiteres ist die Treue zu der Verkündigung des Evangeliums durch Paulus. Der Apostel versucht, eine Eigendynamik der Gemeinde, die sich durch andere Ausleger des Evangeliums eingeschlichen hat, zu bremsen.
2. Aufbau
In den Versen 4-6 geht es um die Einheit und Herkunft des Geistes, der sich in den verschiedenen Gaben zeigt. Vers 7 stellt als zentrale Aussage die Gaben in Verbindung zum Geschehen in der Gemeinde. Bevor in den Versen 8-10 die Gaben einzeln benannt sind. Vers 11 schließt den Bogen zu den Versen 4-6 und ist somit eine erinnernde Rahmung an den einen Geist, aus dem die verschiedenen Gaben entspringen.
3. Erklärung einzelner Verse
Vers 4: Gnadengaben: Hinter dem deutschen Wort verbirgt sich der griechische Begriff „Charismen“, Plural von charisma (χάρισμα, deutsch: aus Wohlwollen gespendete Gabe, Gunsterweis). In der griechischen Umgangssprache der Gemeinde von Korinth spielt dieses Wort kaum eine Rolle. Seine Bedeutung als „Gunsterweis“ und „geschenkte Gabe“ nutzt der Apostel Paulus, um ein weiteres Verständnis des Geistes als Wesen Gottes in der Gemeinde zu fördern. Paulus ist es wichtig, dass die Fähigkeiten und Talente, die jeder einzelne in das Gesamt der Gemeinde einbringen kann, als Geschenk Gottes verstanden werden. Dieses Verständnis bewirkt, dass die Gaben als unverfügbar und zugleich als Aufgabe erkannt werden.
Vers 8: Weisheit und Erkenntnis sind im deutschen Sprachgebrauch nah beieinander, so dass dies wie eine Doppelung wirkt. Paulus benutzt mit den Worten sophia (σοφία, deutsch: Weisheit, Klugheit) und gnosis (γνῶσις, deutsch: Erkenntnis, Wissen) zwei Begriffe, die unterschiedliche Akzentuierungen mit sich bringen und die auf die verschiedenen Gruppen in der Gemeinde abgestimmt sind.
Sophia kommt aus der jüdischen Weisheitstradition und wird von ihm auch in 1 Kor 1,17 benutzt, wo es um die Klugheit geht, auf Spaltungen in der Gemeinde zu verzichten.
Gnosis entspringt der griechischen Denkwelt und taucht wieder auf in der Frage danach, ob das Opferfleisch aus heidnischen Riten für Christen essbar ist (z.B. 1 Kor 8,1). Hier geht es darum, dass Erkenntnis nicht immer auch verstehen bedeutet.
Vers 9-10: Glaubenskraft bedeutet Glaube, der etwas bewirkt. Die Wirkweisen entfaltet Paulus direkt im Anschluss: Glaube bewirkt die Fähigkeit zu heilen. Er kann aber die Gabe verleihen, Machttaten wie Exorzismen zu vollbringen. Heilung von Krankheit und Befreiung von psychischen und physischen Fesseln (Exorzismen) sind die beiden Wirkweisen, die in der Gemeinde wohl am Meisten verbreitet waren.