Auferstehung als Entmachtung des Todes. Der Apostel Paulus über die Auferstehung Jesu und die Hoffnung, die daraus erwächst.
1. Verortung im Brief
Im 1. Korintherbrief (1 Kor) widmet sich der Apostel Paulus verschiedenen aktuellen Fragen der Gemeinde, aber auch Themen, die ihm selbst für die Gemeinde wichtig erscheinen. Paulus selbst hatte die Gemeinde 50/51 n. Chr. gegründet. Sein Brief, den er rund um das Jahr 54 n. Chr. aus Ephesus schreibt, gibt einen tiefen Einblick in die Fragen und Herausforderungen einer jungen christlichen Gemeinde. So waren Streitigkeiten innerhalb der Gemeinde, die richtige Feier der gemeinsamen Gottesdienste und zuletzt (Kapitel 12-14) das Zusammenspiel und der richtige Einsatz der Geistesgaben beispielhafte Fragen. Insgesamt ist das Miteinander in der Gemeinde eines der zentralen Themen des Briefes. Ein weiteres ist die Treue zu der Verkündigung des Evangeliums durch Paulus.
Das Kapitel 15 beschäftigt sich ganz mit der Frage nach der Auferstehung. Dabei geht es sowohl um das Fundament des gemeinsamen Glaubens als auch um eine Auseinandersetzung mit einer theologischen Eigendynamik der Gemeinde, die sich durch andere Verkünder und die Auseinandersetzung mit philosophischen Strömungen dort eingeschlichen hat. Das Kapitel beginnt mit einem Bekenntnis zum Glauben an die Auferstehung Jesu Christi und ihre Zeugen (1 Kor 15,1-11). Daran schließt sich ein Abschnitt über die Gewissheit der Auferstehung der Toten an. Paulus argumentiert gegen eine in Teilen der Gemeinde aufkommende Auffassung, eine Auferstehung der Toten gäbe es nicht. Paulus zeigt den Korinthern auf, dass eine Leugnung der Auferstehung Jesu zugleich bedeuten würde, den eigenen Glauben und die eigene Hoffnung für nutzlos zu erklären. Hier setzt der vorliegende Abschnitt an.
2. Aufbau
Die Verse 20-22 bilden ein theologisch begründetes Bekenntnis des Apostels zur Auferstehung der Toten mit Jesus Christus als Erstem der Auferweckten. Die Verse 23-27a nehmen davon ausgehend die Ereignisse bei der Wiederkunft des auferweckten und zum Vater erhöhten Herrn in den Blick.
3. Erklärung einzelner Verse
Verse 20-22: Paulus wiederholt die Realität der Auferstehung Jesu und knüpft damit an das Bekenntnis zu Beginn des Kapitels an (1 Kor 15,1-11). Die Rede von Christus als „Erstem“ hat nicht nur den Sinn, eine Reihenfolge der Auferstehung anzulegen. Vielmehr steht im Hintergrund der alttestamentliche Gedanke von der „Erstlingsgabe“ der Ernte, die in der Paschawoche am Tag nach dem Sabbat Gott von seinem Volk dargebracht wurde (Levitikus 23,9-15). Nach dieser Erstlingsgabe folgt das Einholen der weiteren Ernte – diesen Gedanken wird Paulus ab Vers 23 auch auf die Auferstehung beziehen. Das bedeutet: Die Erstlingsgabe ist immer der Auftakt zu einem weiteren Geschehen und in diesem Sinne soll hier von Anfang an die Auferstehung Jesu betrachtet werden.
Paulus erweitert dies um eine Adam-Christus-Parallelisierung: Adam steht für den ersten Menschen und damit für die Menschheit generell. Und so wie die mit Adam beginnende Menschheit ganz sterblich ist, so wird mit Jesus Christus eine „neue Menschheit“ entstehen, die nicht im Tod ihr Ende findet, sondern auferstehen wird.
Vers 23: Paulus nimmt den Gedanken aus Vers 20 von der Erstlingsgabe wieder auf und beschreibt die Abfolge der Auferstehung der an Christus Glaubenden. Christus wird von Gott auferweckt und ist damit der Erste der Auferstandenen. Er ist – hier lässt Paulus einige Schritte aus – durch die Himmelfahrt zum Vater erhöht und mit dessen Vollmacht ausgestattet und kommt wieder am Ende der Zeit. Dann werden alle, die sich zu ihm bekennen, zu ewigem Leben auferstehen.
Verse 24-27a: Paulus bleibt im Szenario vom Ende der Zeit und wirft einen Blick auf das, was bei der Wiederkunft Christi geschieht. Der Sohn bezwingt alle irdischen Mächte und Verhältnisse, so dass überall Gottes Reich sichtbar und erfahrbar ist. Weil der Zielpunkt des Wirkens Jesu das Reich Gottes ist, wird er, wenn dieses Reich Durchsetzung gefunden hat, dem Vater all seine Macht übergeben. Der entscheidende letzte Punkt dabei ist die Entmachtung des Todes. Sie ist bereits mit der Auferstehung Jesu erfolgt und setzt sich fort, wenn diejenigen, die zu Christus gehören, zu neuem Leben erweckt werden.
Die Formulierung der „Machtverhältnisse“ im Text ist nicht einfach auseinanderzuhalten. Womöglich spiegelt sich darin das paulinische Verständnis des Zusammenspiels und der Einheit von Vater und Sohn bei der Entmachtung aller irdischen Kräfte wieder.