Die Beurteilung eines Menschen misst sich an seinem Denken, Reden und Handeln – und dies kann nur in der dialogischen Begegnung geschehen.
1. Verortung im Buch
Am Anfang des Kapitels geht der Weisheitslehrer Jesus Sirach auf ein Problem ein, dass die Menschheit bis heute beschäftigt: die Gefahr für die menschliche Integrität aufgrund des Drangs zur Gewinnmaximierung (Verse 1-3). Oder in den Worten eines französischen Philosophen: „Der Handel ist die Schule des Betrugs.“ In der Herrschaftszeit des Perserreiches setzte sich die geprägte Münze als Zahlungsmittel durch und das Kaufen und Verkaufen mit Bargeld gewann in der Zeit Alexander des Großen, seine fundamentale Bedeutung. Nicht nach dem Geldbesitz, sondern nach seinem Denken und Handeln soll ein Mensch beurteilt werden (Verse 4-7), da Wahrheit und Gerechtigkeit nur bei denjenigen zu finden ist, die danach streben (Verse 8-9).
2. Aufbau
In der Welt des Alten Testaments ist die mehrfache Formulierung eines Gedankens unter verschiedenen Perspektiven keine unnütze Wiederholung, sondern eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem gegebenen Problem. Dreimal setzt sich Jesus Sirach mit der Frage auseinander, wie man im Alltag zwischen gutem Tun und bösen Gedanken unterscheiden kann (Verse 4-6). Der Weg zur Menschenkenntnis wird dann am Ende zusammenfassend in Vers 7 beschrieben.
3. Erklärung einzelner Verse
Vers 4: Das erste Bild ist aus der landwirtschaftlichen Welt gewählt. Beim Sieben werden die feinen Körner von dem überflüssigen, groben Abfall getrennt. Das Sprechen eines Menschen habe dieselbe Wirkung. Wenn man zuhört, werden die bösen Gedanken hörbar.
Vers 5: Das zweite Bild stammt aus der Töpferei. Erst nach dem Brennen der Ware zeigt sich, ob das Endprodukt gut ist. Die Qualität wird sichtbar. Das Getöpferte muss das Feuer überstehen. Ein ebensolches Feuer ist für den Menschen das Gespräch.
Vers 6: Das dritte Bild kehrt wieder zur landwirtschaftlichen Welt zurück. Wer sich um seine Fruchtbäume sorgt, wird reichlich ernten. Die Sorgsamkeit wird am Endergebnis deutlich. So lässt sich am Wort die im Gedanken verborgene Absicht erkennen.
Vers 7: Wessen Geistes Kind jemand ist, kann man – wenn man aufmerksam ist – anhand der Gedankengänge und dem folgenden Handeln einer Person erkennen. Der Mensch muss sich erst beweisen, bevor er gelobt werden kann.