„Legt mich in seinen Schatten!“ - War das der gängige Wunsch eines Kranken, wenn er wusste, der Apostel Petrus geht vorüber?
1. Verortung im Buch
Die Notiz über das Wunderwirken der Apostel gehört zu den Erzählungen, die unmittelbar an die Erfahrung des Pfingstwunders in Apostelgeschichte (Apg) 2, 1-13 anknüpfen. Die Jünger sind mit dem Heiligen Geist ausgestattet und treten in ihrem Tun und Verkünden im wahrsten Sinne in die Nachfolge Jesu ein. In ihren Worten und in ihren Taten spiegelt sich das Wirken Jesu wieder. Bisher finden alle Ereignisse in Jerusalem statt, so dass die einzelnen Erzählungen eng miteinander verknüpft sind, obwohl sie zum Teil lose aufeinander folgen, also nicht über Orts- oder Zeitangaben direkt verbunden sind. Alles spielt bisher irgendwie in Jerusalem und dabei ist der Blick mal mehr auf die Apostel selbst und mal mehr auf die jungen Gemeinde als Ganzes gerichtet. So wurde in Apg 5,1-11 von einem Ehepaar berichtet, dass der Gütergemeinschaft der Gemeinde nicht entsprach. In Apg 5,17-42 schließt sich an unsere Erzählung die Verhaftung der Apostel und deren Verhör vor dem Hohen Rat an.
2. Aufbau
Die Verse sind inhaltlich über das Motiv der Wundertaten miteinander verbunden. Während die Verse 12-14 eher allgemein berichten, nehmen die Verse 15-16 die Gestalt des Petrus in den Fokus spielt das Motiv für ihn exemplarisch durch.
3. Erklärung einzelner Verse
Vers 12: In Apg 4,30 hatte die Gemeinde um „Heilungen und Zeichen und Wunder“ gebeten. Dies erfüllt sich nun und wird berichtet. Mit der „Halle Salomos“ wird auf den Tempel verwiesen, bereits in Apg 3,11-12 war davon berichtet worden, dass Petrus und Johannes dort wirken und lehren. Hier wird der Tempel als Wirkungsstätte auf „alle“ Apostel ausgedehnt.
Verse 13-14: Die Reaktion auf das Wunderwirken der Apostel ist ehrfurchtsvoller Abstand, so berichtet Lukas, der Autor der Apostelgeschichte. Die Apostel genießen ein hohes Ansehen, gleichzeitig kommt man ihnen nicht zu nahe. Ob dies an der zuvor berichteten Episode mit dem Ehepaar Hananias und Sapphia und deren Bestrafung (Apg 5,1-11) liegt oder einfach daran, dass sie Apostel mit der Aura der Wundertäter umgeben sind, bleibt offen. Trotz der Vermeidung eines direkten Kontaktes gibt es jedoch zu immer mehr Menschen, die zum Glauben kommen.
Vers 15-16: Exemplarisch wird nun für Petrus berichtet, wie sich die Begegnungen zwischen Aposteln und Hilfesuchenden auch im ehrfurchtsvollen Abstand abspielt. Man trägt die Kranken auf die Straße und hofft, dass das Vorüberziehen des Wundertäters hilft. Im Markusevangelium wird ähnliches über die Begegnung mit Jesus erzählt (Markusevangelium 6,56), auch ihm werden die Kranken „auf den Weg gelegt“ in der Hoffnung, sie könnten wenigstens mit dem Saum seines Gewandes in Berührung kommen und dadurch Heilung erfahren. Wie der „Saum des Gewandes“ ist auch der „Schatten“ ein Bruchstück einer direkten Berührung mit der Person, zu der das Gewand oder der Schatten gehört. Daher – so der Gedanke – kann bereits durch diese Form der Nähe eine Kraft vom einen zum anderen übergehen. Indem Lukas bewusst Petrus in den Mittelpunkt rückt und davon berichtet, dass man ihm auf ähnliche Weise wie Jesus selbst Kranke nahebringt, wird die Autorität des Petrus als Führungsfigur des Apostelkreises betont. Das Wirken der Apostel bleibt nicht auf Jerusalem beschränkt, auch wenn sie sich selbst erst einmal alle dort aufhalten. Bewusst berichtet Lukas, dass auch aus umliegenden Städten Menschen zusammenströmen.