Lesejahr A: 2022/2023

1. Lesung (Apg 2,14.22b-33)

14Da trat Petrus auf, zusammen mit den Elf; er erhob seine Stimme und begann zu reden: Ihr Juden und alle Bewohner von Jerusalem! Dies sollt ihr wissen, achtet auf meine Worte!

22Israeliten, hört diese Worte: Jesus, den Nazoräer, einen Mann, den Gott vor euch beglaubigt hat durch Machttaten, Wunder und Zeichen, die er durch ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wisst -

23ihn, der nach Gottes beschlossenem Willen und Vorauswissen hingegeben wurde, habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und umgebracht.

24Gott aber hat ihn von den Wehen des Todes befreit und auferweckt; denn es war unmöglich, dass er vom Tod festgehalten wurde.

25David nämlich sagt über ihn:

Ich hatte den Herrn beständig vor Augen. / Denn er steht mir zur Rechten, dass ich nicht wanke.

26Darum freute sich mein Herz / und frohlockte meine Zunge / und auch mein Leib wird in Hoffnung wohnen;

27denn du gibst meine Seele nicht der Unterwelt preis, / noch lässt du deinen Frommen die Verwesung schauen.

28Du hast mir die Wege zum Leben gezeigt, / du wirst mich erfüllen mit Freude vor deinem Angesicht.

29Brüder, ich darf freimütig zu euch über den Patriarchen David reden: Er starb und wurde begraben und sein Grabmal ist bei uns erhalten bis auf den heutigen Tag.

30Da er ein Prophet war und wusste, dass Gott ihm einen Eid geschworen hatte, einer von seinen Nachkommen werde auf seinem Thron sitzen,

31sagte er vorausschauend über die Auferstehung des Christus: Er gab ihn nicht der Unterwelt preis und sein Leib schaute die Verwesung nicht.

32Diesen Jesus hat Gott auferweckt, dafür sind wir alle Zeugen.

33Zur Rechten Gottes erhöht, hat er vom Vater den verheißenen Heiligen Geist empfangen und ihn ausgegossen, wie ihr seht und hört.

Überblick

Ein Ding der Unmöglichkeit. Wie Petrus erklärt, warum der Tod Jesus nicht halten konnte.

1. Verortung im Buch
Nach der Ausgießung des Geistes über die Jünger (Apostelgeschichte 2,1-13) deutet der Apostel Petrus das Geschehen für die Umstehenden. Direkt nach seinen Worten ereignen sich die ersten Bekehrungen (Apostelgeschichte 2,37-42) und die Gemeinschaft derer, die an Jesus Christus glauben, wächst.

 

 

2. Aufbau
Nach der Redeeinleitung des Petrus (Vers 14), werden mit verschiedenen Zitaten und Rückgriffen aus dem Alten Testament die Ereignisse des Lebens Jesu gedeutet (Verse 22-33).

 

 

3. Erklärung einzelner Verse
Vers 14: Die Einleitung zur Rede des Petrus ist hoch feierlich. Zum ersten Mal sind die zwölf Apostel mit dem nachgewählten Matthias nun im Fokus des Geschehens und alleinige Handlungsfiguren. Wie selbstverständlich ragt Petrus insofern aus den übrigen heraus, als er das zuvor Gesehene nun deuten darf. Denn für die Umstehenden dürfte das Pfingstwunder und die Ausgießung des Heiligen Geistes ein erklärungsbedürftiges Ereignis gewesen sein. Selbst wenn ihnen durch den Propheten Joel eine solche prophetische Begabung als Phänomen der anbrechenden Endzeit vertraut sein dürfte (Joel 3,1-5, siehe Kontext). Nachdem der Geist auf die Jünger ausgegossen wurde und sie in fremden Sprachen reden konnten, gilt es nun begreifbar zu machen, was geschehen ist. Die Anrede „Juden und alle Bewohner von Jerusalem“ zieht den Kreis der Adressaten weit und umfassend. Für alle, ist die folgende Botschaft wichtig.

 

Verse 22-23: Nach den bei der heutigen Lesung ausgesparten Versen, setzt Petrus neu an und verkleinert den Kreis der Adressaten scheinbar. Nun ist nur noch von „Israeliten“ die Rede. Da jedoch die übrigen Zuhörer nicht gegangen sein dürften, macht Petrus damit deutlich, dass gerade für die „Israeliten“ die nun folgenden Worte besonders bedeutsam sind. Dies korrespondiert mit der engen Argumentationsführung entlang den Schriften des Alten Testaments. Was Petrus im Folgenden an Schriftzitaten und Folgerungen vorlegt, ist im Ganzen nur für jemanden zu begreifen, der sich mit der Heiligen Schrift auskennt. Die Anrede als Israeliten ruft den Angesprochenen aber auch in Erinnerung, dass sie zu Gottes erwähltem Volk gehören und ihnen eine besondere Verheißung gilt.

Die Bezeichnung Jesu als „Nazoräer“ verwendet Lukas als Herkunftsbezeichnung mit Verweis auf Nazareth als Heimatort Jesu.

Petrus nimmt Bezug auf die Heilstaten, mit denen Jesus in göttlicher Vollmacht mitten unter ihnen gewirkt hat. Er nimmt wie selbstverständlich an, dass sich die Kunde davon verbreitet hat („wie ihr selbst wisst“). Neben den Taten Jesu ist seine Hingabe als Teil des göttlichen Heilsplanes bedeutsam. Dabei wird auch an die Mittäterschaft zumindest der jüdischen Obrigkeiten erinnert.

 

Verse 24-28: Der Hingabe Jesu wird die Auferweckung durch Gott gegenübergestellt. Die Notwendigkeit dieses Handelns Gottes an Jesus wird mit einem Zitat aus Psalm 16 belegt. Der Beter dort wendet sich in Bedrängnis und Todesangst an Gott und erinnert an die Verbundenheit mit Gott, von der er hofft, dass sie auch über den Tod hinaus hält. Der Psalm ist ein Zeugnis frühjüdischer Auferstehungshoffnung und gewinnt im Zusammenspiel mit der Kunde von der Auferstehung Jesu ganz neue Bedeutung für Petrus und vielleicht auch für seine Zuhörer.

 

Verse 29-33: Vom Psalm, der ein Gebet König Davids ist, leitet Petrus über zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen zum großen israelitischen König. Er erinnert einerseits an das prophetische Wirken Davids und damit an die Autorität seiner Worte, wie sie zuvor im Psalm aufgenommen wurden. Andererseits macht er auch einen Unterschied zu David deutlich. Der König ist trotz seiner Bedeutung gestorben und sein Grab steht als sichtbares Zeichen inmitten des Volkes. Anders verhält es sich mit dem Grab Jesu. Er ein Nachfahre Davids und damit Träger der Verheißung, die „Unterwelt nicht zu schauen“, er ist begraben worden, aber das Grab ist leer. 
Für diese Auferweckung sind Petrus und die übrigen Apostel Zeugen. Ihre Autorität als Zeugen der Auferstehung haben sie auch, weil ihnen der Auferstandene den Geist des Vaters gesandt hat. Das „Ergebnis“ dieser Geistsendung können die Umstehenden bestaunen: Die Eloquenz und Vielsprachigkeit der Jünger.

Auslegung

„Es war unmöglich, dass er vom Tod festgehalten wurde“, sagt Petrus über Jesus und nimmt damit Bezug auf Psalm 16. Dort wird die Lebensgemeinschaft des Beters mit Gott am Ende beglaubigt durch die Treue Gottes auch über den Tod hinaus. Die Auferweckung durch Gott, seinen Vater, ist für Petrus die einzig logische Konsequenz des Lebens Jesu. Er, der mitten unter den Menschen Gottes Willen bezeugt hat, der aus der Gemeinschaft mit dem Vater lebte, er hat sein Leben für die ganz für die Menschen hingegeben. Wie kann er dann sterben und im Tod verharren? Für Petrus als frommen Juden steht das Wort des Psalms einem solchen Gedanken entgegen. Doch es ist nicht nur die Hoffnung oder der Glaube des Petrus, der ihn mit Bestimmtheit vor die Menschen treten lässt und sagt, es sei unmöglich, dass Jesus vom Tod festgehalten würde. Es ist das Wissen, die Zeugenschaft der Auferstehung, die Petrus dies so fest und klar formulieren lässt. Er und die übrigen Apostel sind Zeugen für die Auferstehung Jesu, sie sind Zeugen dafür, dass Gottes Wort gilt, dass die Hoffnung des Psalmbeters nicht umsonst war. Gott ist treu. Er hat den Sohn, der sein Leben hingegeben hat, auferweckt, ihn nicht untergehen lassen im Tod. „Der Tod hat keine Macht über ihn“, wie es im Römerbrief heißt (Römerbrief 6,9). Diese Botschaft zu verkünden ist nun Aufgabe der Apostel, ihnen wurde der Geist geschenkt, um für diese Botschaft Zeugen zu sein. So wie auch uns in Taufe und Firmung der Geist gegeben wurde, von dem Kunde zu geben, was wir feiern: „Es war unmöglich, dass Jesus vom Tod festgehalten wurde!“ Dies immer wieder in die eigene Sprache zu übersetzen und auf die Menschen hin zu formulieren, zu denen man gesandt ist, wird im Vertrauen auf den Geist Gottes möglich. Dafür ist Petrus sprechender Zeuge.

Kunst etc.

Johann Friedrich Glocker, Auferstehung Christi, 1754, Evangelische Kirche Wolfschlugen.