David wird nicht zu einem absolutistischen Monarchen. Sein Königtum ist sozusagen demokratisch legitimiert und vertraglich gebunden. Er ist der Hirte des Gottesvolkes.
1. Verortung im Buch
Der große David wurde nicht als König geboren. Der erste, von Gott auserwählte König war Saul, dessen Geschichte in 1 Samuel 1-31 erzählt wird. Ihm diente David als Kämpfer und als Musiktherapeut. Schon bevor David an den Hof Sauls kam, hatte Gott den König verworfen (1 Sam 13,1-15,35). Und der Prophet Samuel „trauerte um Saul, weil es den HERRN reute, dass er Saul zum König über Israel gemacht hatte“. Daraufhin wird Samuel, dessen Name das Buch der Geschichte über Saul und David trägt, von Gott ausgesendet, um David zum neuen König über Israel zu salben – und so beginnt die Aufstiegsgeschichte Davids (1 Samuel 16,1-2 Samuel 5,16). Er dient Saul zuerst, gerät dann doch immer mehr in Konflikt mit ihm und wird nach seinem Tod zuerst zum König des Stammes Juda, bevor dann ganz Israel ihn als König anerkennt, er Jerusalem einnimmt und zur Hauptstadt Israels macht (2 Samuel 1,1-5,16). In Jerusalem wird König David die Verheißung einer ewigen Dynastie, die Saul überragt, zuteil; in dieser sagt Gott ausdrücklich für den Nachfolger, den Sohn Davids zu: „Nie wird sich meine Huld von ihm entfernen, wie ich sie von Saul entfernt habe, den ich vor dir entfernt habe“ (2 Samuel 7,15). Und in der weiteren Geschichte wird David als König Israels in Jerusalem zum Anknüpfungspunkt für die Hoffnung auf einen Erlöser, einen „Sohn Davids“ – als welchen das Christentum Jesus Christus glaubt.
2. Aufbau
Die kurze Erzählung in 2 Samuel 5,1-3 erzählt von einem zweifachen Kommen ohne ein Weggehen. Zuerst kommt ganz Israel zu David (Vers 1). Und dann kommen noch die Ältesten Israels, die ja auch zu allen Stämmen gehören (Vers 3). Aber etwas entscheidendes hat sich zwischen den Versen verändert: Aus dem in Vers 1 genannten „David“ ist in Vers 3 „König David“ geworden.
3. Erklärung einzelner Verse
Vers 1: In Hebron war David vom Stamm Juda zum König gesalbt worden (2 Samuel 2,4). Dorthin, so der Erzähler, versammelt sich nun das gesamte Volk Israel. Die Samuelbücher spielen in einer Zeit vor dem von Salomo, dem Sohn Davids, gebauten Tempel – und berichten in 2 Samuel 15,7 von einer Kultstätte in Hebron (siehe auch Genesis 13,18). Ihr erstes an David gerichtetes Wort drückt eine emotionale Nähe zueinander aus. Mit den Worten „Bein und Fleisch“ liegt eine intertextuelle Verbindung zu Adam und Eva, deren Verbindung durch ihre Entstehung, vor (Genesis 2,23). Im übertragenen Sinn verdeutlicht diese Wendung die Zusammengehörigkeit einer Sippe oder eines Stammes (Genesis 29,14) – damit verdeutlichen sie bereits in ihren ersten Worten, dass David nicht nur der König Judas ist, sondern sozusagen zum gesamten Volk Israel gehört.
Vers 2: Die angesprochene Verbindung zwischen David und dem Volk Israel wird nun begründet durch drei Sätze, die im Hebräischen nach demselben Muster aufgebaut sind. Am Anfang wird David mit „Du“ angesprochen und das letzte Wort ist „Israel“. Schon während Sauls Königszeit war es David, der die Kriege des Volkes führte und dessen Anführer war (1 Samuel 18,16). Sie anerkennen damit seinen weltlichen Führeranspruch. Zudem führen sich noch einen Gottesspruch an, den Gott erst mit anderen Worten durch den Propheten in 2 Samuel 7,8 rückblickend verkünden lässt. Aus der Perspektive der Lesenden übermittelt somit das Volk als Ganzes einen prophetischen Spruch.
Vers 3: Der Ausrufung Davids zum König folgt ein nüchterner Vertrag. Die „Ältesten Israel“ umschreibt wohl eine Versammlung von Entscheidungsträgern. Nun aber ist David der Handelnde, denn nicht sie, sondern er schließt mit ihnen einen Vertrag. Hier deutet sich an, dass das Volk sich nicht bedingungslos in die Hand Davids gelegt habe, sondern ein zweiseitiger Bund geschlossen wurde, der sozusagen die Grundlage für Davids Königtum bildete. Später wird in der Zeit Davids von Aufständen der Nordstämme gegen den König erzählt (2 Samuel 15-19; 20) und nach dem Ende der Herrschaft König Salomos zerbricht das Großreich Israels und die Nordstämme trennen sich wieder von Juda (1 Könige 12).