Lesejahr B: 2023/2024

1. Lesung (1 Joh 1,5-2,2)

5Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden: Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm.

6Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben und doch in der Finsternis wandeln, lügen wir und tun nicht die Wahrheit.

7Wenn wir im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander und das Blut seines Sohnes Jesus reinigt uns von aller Sünde.

8Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre und die Wahrheit ist nicht in uns.

9Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht; er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von allem Unrecht.

10Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, machen wir ihn zum Lügner und sein Wort ist nicht in uns.

21Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten.

2Er ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt.

Überblick

Wo Gott ist, kann es nicht dunkel sein.

1. Verortung im Brief
Der Abschnitt bildet einen ersten inhaltlichen Teil nach den einleitenden Versen in den 1. Johannesbrief (1 Joh).

 

2. Aufbau
Drei Abschnitte lassen sich voneinander differenzieren: Vers 1,5 als eine Einleitung mit der Benennung des Themas "Licht". Verse1,6-10 falten die Thematik Licht und Finsternis weiter aus. Die Verse 2,1-2 erweitern die inhaltliche Auseinandersetzung um die Frage nach der Vergebung von Sünde.

 

3. Erklärung einzelner Verse
Vers 1,5: Unter Rückbezug auf das, was der Autor des Briefes selbst verkündet bekommen hat, gibt er sein Wissen, sein Verständnis von Gott weiter. "Gott ist Licht", das hat er durch Jesus Christus ("von ihm") erfahren. Die Qualität des Lichtseins wird näher erläutert durch die Umschreibung "keine Finsternis ist in ihm". Die Charakterisierung Gottes als Licht greift zurück auf Bilder aus dem Johannesevangelium, dort wird schon in der Einleitung von Jesus Christus als Licht, das von der Finsternis nicht erfasst wird, gesprochen (Johannesevangelium 1,5). Im 1. Johannesbrief wird nicht von Jesus, sondern von Gott selbst als Licht gesprochen.

Verse 1,6-10: Zwei Begriffe prägen den Abschnitt: peripatein (griechisch: περιπατεῖν, wandeln, leben) und aleteia (griechisch: ἀλήθεια, Wahrheit). Peripatein ist ein biblisch geprägter Begriff und meint nicht einfach nur leben, im Sinne von existieren, sonder meint leben im Sinne von: mit einem bestimmten Lebensentwurf leben. Zwei Lebensentwürfe werden hier vorgestellt. Das Leben in Gemeinschaft mit Gott, dem Licht, und das Leben in der Finsternis, also fern von Gott.
aleteia setzt sich zusammen aus a-leteia und bedeutet übersetzt: das, was nicht verborgen ist. Genau in dieser Weise nutzt der 1. Johannesbrief das Wort: Die Wahrheit ist das, was zum Licht, zu Gott führt.

Verse 2,1-2: Mit der erneuten Anrede "meine Kinder" setzt der Verfasser neu an und unterbricht den Gedankengang für einen Moment. Er erweitert die Argumentation um die Vorstellung von Jesus als Beistand und Fürsprecher der Menschen bei Gott. Jesus Christus, der Gerechte, also der, der ohne Sünde gelebt hat und in Gemeinschaft mit Gott wandelte, er tritt ein für diejenigen, denen das nicht immer gelingt.

Auslegung

"Gott ist Licht", das ist die einfache und doch komplizierte Botschaft, mit der der 1. Johannesbrief seine Rede von Gott beginnt. Anknüpfend an Aussagen aus dem Johannesevangelium, mit dem der Brief literarisch verbunden ist, wird das Licht als Ausdruck göttlicher Gegenwart, als Wesen Gottes gesehen. Im Johannesevangelium ist Jesus Christus derjenige, der das Licht ist und in die Welt kommt. Und er ist der, der Gottes Wesen in seinem Tun und Verkünden sichtbar macht. Diesen Gedanken führt der 1. Johannesbrief weiter und spricht statt von Jesus Christus von Gott als Licht. In Jesu eigener Aussage und in seinem Wirken wurde den Menschen dieser Wesenszug Gottes erschlossen. Und mit dieser Erkenntnis beginnt unser Abschnitt.

Der Gegensatz von Gemeinschaft mit Gott und Wandeln in der Finsternis, den wir in den Versen 1,6-10 entfaltet finden, ist der Gegensatz zwischen dem Anspruch eines Christen und seinem möglichen/zeitweiligen Verhalten. Wer eigentlich versuchen will, den Weisungen Gottes gemäß zu leben, der will etwas von Gottes Wirklichkeit sichtbar machen, der will selbst Licht in die Welt bringen. Wo das bewusst nicht geschieht, ist Finsternis. Dort wo das Verhalten nicht dem entspricht, zu dem Gott einlädt und was Jesus Christus vorgelebt hat, kann es nicht hell sein. So ist dem Verfasser des 1. Johannesbriefs klar. Der Ausdruck "in der Finsternis wandeln" meint ein Leben zu führen, dass sich nicht an den Weisungen Gottes und am Beispiel Jesu orientiert. Wer vorgibt, in Gemeinschaft mit Gott zu leben und sich doch ganz anders verhält, der lebt eine Lüge. Das Leben im Licht, das Leben mit Gott also, es führt zur Gemeinschaft untereinander.

Und dieses Leben bedeutet auch ehrlich auf die eigenen Fehler und Schwächen zu schauen. Wer sich vormacht, Gemeinschaft mit Gott und untereinander wäre immer so einfach möglich, der läuft in die Irre. Vielmehr ist es angesichts der eigenen Begrenzungen notwendig, sich Vergebung schenken zu lassen. Der Verfasser des 1. Johannesbriefs bringt dies deutlich zum Ausdruck, wenn er vom Kreuzestod Jesu, von seinem Blut spricht, das von aller Sünde reinigt. In Jesus Christus und seinem Tod schenkt Gott allen Menschen (Vers 2,2) Vergebung. Es ist die Einladung, die eigenen Fehler und Schwächen nicht einfach hinzunehmen und über die eigene Schuld nicht hinwegzusehen, sondern sie immer wieder kritisch zu betrachten und zu bekennen.