Es ist anscheinend eine Schlagzeile wert: „Ordensfrauen rocken zu Queen-Song – Luftgitarre inklusive“. Ordensschwestern haben Spaß am Leben, klatschen rhythmisch zu einem Rocksong und eine von ihnen spielt die Luftgitarre. Millionen Menschen gucken sich dies als Video an und gläubige Christen teilen das Video munter in den sozialen Netzwerken – ganz so als sei es etwas Besonderes. Dass dieses Video unter Nicht-Christen Stereotypen aufbricht, lässt sich nachvollziehen. Aber warum begeistert es gläubige Christen? Bedeutet der christliche Glauben nicht Lebensfreude? Sind Ordensschwestern zur meditativen Traurigkeit verdammt? Darf man mit dem Blick auf Gott gerichtet, keinen Spaß im Leben haben? Bedarf es eines solchen Videos, dass wir uns versichern können, dass Christen doch auch ganz normale Menschen sind und im Angesicht Gottes Lebensfreude herrscht?
DAS TANZENDE VORBILD
Dank der Möglichkeit des Teilens in den Sozialen Netzwerken wird der Zeigefinger ausgestreckt: Guckt mal, so kann katholische Kirche auch aussehen. Was sagt dies über die Person am Ende des Zeigefingers aus? Als Michal, die Ehefrau König Davids, diesen vor der Lade Gottes tanzen und hüpfen sieht,
"verachtete sie ihn in ihrem Herzen" (2 Samuel 6,16).
Nein, die zum Queen-Klassiker „We will rock you“ abrockenden Ordensschwestern kann man nicht verachten für die Lebensfreude, die sie versprühen. Aber besteht unsere christliche Lebensfreude darin, dass wir so ein Video teilen, anstatt so sichtbar zu leben? Nein, diese Frage ist kein erhobener Zeigefinger und kein Vorwurf – und ja, das Video ist lustig, schön und begeistert. Möge die Lebensfreude dieser Ordensschwestern ansteckend sein! Denn sie sollte doch das Markenzeichen derjenigen sein, die sich der Erlösung durch Jesus Christus gewiss sind.
Michal, die nicht nur die Frau Davids, sondern auch die Tochter des früheren Königs Saul war, versteht die Welt nicht mehr, als sie den großen König David freudig in aller Öffentlichkeit tanzen sieht. Sie reagiert mit Spott:
"Wie würdevoll hat sich heute der König von Israel benommen, als er sich vor den Augen der Mägde seiner Untertanen bloßgestellt hat, wie sich nur einer vom Gesindel bloßstellen kann." (2 Samuel 6,20)
David verhält sich nicht entsprechend der gesellschaftlichen Konventionen: ein tanzender König? Sein Verhalten entspricht für Michal nicht seinem Amt, ja er erniedrige sich selbst und beschmutze seine Ehre. Aber König David verweist darauf, dass ein Amt nicht in gesellschaftlichen Konventionen wurzelt:
"Vor dem HERRN, der mich statt deines Vaters und seines ganzen Hauses erwählt hat, um mich zum Fürsten über das Volk des HERRN, über Israel, zu bestellen, vor dem HERRN habe ich getanzt; für ihn will ich mich gern noch geringer machen als diesmal und in meinen eigenen Augen niedrig erscheinen. Bei den Mägden jedenfalls, von denen du gesprochen hast, stehe ich in Ehren." (2 Samuel 6,21-22)
Mit Lebensfreude reagiert man auf das Heil, das der Gott des Lebens geschenkt hat. Das im Hebräischen verwendete Wort שׂחק (gesprochen: sichek), das hier mit „tanzen“ übersetzt ist, hat ein breites Bedeutungsspektrum: Es beschreibt ein lautes Lachen, das Spielen von Kindern, das Scherzen und eben das Tanzen zu Gesang und Saitenspiel. Es steht für ausgelassene Freude. Sie zeigt sich im Video der rockenden Ordensschwestern, die ebenso wie David Lebensfreude in ihrem Leben im Angesicht Gottes versprühen – diese Lebensfreude müsste doch durch das eigene, christliche Leben mit der Welt geteilt werden: We will rock you!
(Zuerst erschienen auf www.dei-verbum.de)